In vino veritas: Jürgen Gässner - Kellermeister aus Spremberg

FSK (noch) unbekannt 30 min

Ein Film von Peter Moschall und Hellmuth Henneberg - Im Auftrag der Spremberger Kino und Kultur GmbH

GÄSSNER- es mag ein paar Spremberger geben, denen der Name nichts sagt, viele werden es aber nicht sein. ?Berthold Gässner? ? der Name prangt groß an dem Haus in der Langen Straße, die Weinhandlung in der Nummer 9 gibt es seit 1902 ? eins der ältesten Geschäfte der Stadt. Es wurde seit vielen Jahren vom Enkel des Gründers geführt. Jürgen Gässner wurde in diesem Jahr 85 Jahre alt, er ist in Spremberg geboren. Er war Weinküfer (heute heißt der Ausbildungsberuf ?Weintechnologe?) und Kellermeister, das hatte noch der Großvater bestimmt, denn ?einer muss ja das Geschäft weiterführen? ? Jürgens Vater war im Krieg geblieben.
Der Kameramann Peter Moschall hatte nie den Kontakt zu seiner Heimatstadt Spremberg verloren, wo er den Fernsehjournalisten Hellmuth Henneberg, vor zwanzig Jahren zugezogener Spremberger, wiedertraf ? beide kannten sich aus einem gemeinsamen Volontariat beim Fernsehen der DDR vor mehr als 40 Jahren. Moschalls Idee, Jürgen Gässner und dessen Weinstuben ein kleines filmisches Denkmal zu setzen, begeisterte Henneberg sofort und er stieg in das Projekt als Autor mit ein.
Entstanden ist ein 30minütiger Film, in dem Jürgen Gässner Auskunft gibt über sich, seinen Beruf und seine Weinstuben. War der Film ursprünglich als eine Würdigung von Gässners Lebensleistung zu seinem 85. Geburtstag gedacht, so ist nun eine Mahnung entstanden, die 120 Jahre alten Weinstuben für Spremberg zu erhalten ? wenige Wochen nach seiner Frau war auch Jürgen Gässner während der Dreharbeiten verstorben. Dem Wunsch der Familie folgend, haben Peter Moschall und Hellmuth Henneberg den Film fertiggestellt und veröffentlicht.
Was wird nun aus dem historischen Laden, aus den Weinstuben, was bleibt mehr als die Adresse in der Langen Straße 9?


Jürgen Gässner (1939 ? 2024)
wurde nach der Ausbildung in Dresden als Kellermeister in den DDR-Bezirk Cottbus ?gelenkt? und entschied sich für seine Heimatstadt Spremberg. In der Berliner Straße wurde eine Weinkellerei aufgebaut, wo er mehr als 20 Jahre Kellermeister war, bevor er 1977 in das großelterliche Geschäft, das inzwischen von seiner Mutter geführt wurde, eintrat. Der Laden ist heute zum größten Teil noch so im Original erhalten, wie er 1902 war, auch die beiden Weinstuben existieren fast unverändert ? sie sind Zeitzeugen wechselvoller Geschichte: Spremberger Hochzeit als Tuchmacherstadt vor dem 1. Weltkrieg, ?da gab´s den Kaiser noch?, zwei Weltkriege und ?goldene Jahre? sowie Inflation dazwischen. Sowjetische Besatzer und die DDR, schließlich die Wendezeit und neue deutsche Unsicherheiten, immer ein Leben mit und von der Kohle in der Nähe. Die einfachen Leute haben hier Bier gekauft oder beim Wein gesessen, Erwin Strittmatter als junger Zeitungsredakteur auch, russische Offiziere, manch Elferrat und viele verschiedene Stammtische. Spekulanten hat Jürgen Gässner eigenhändig vor die Tür gesetzt, der bis zuletzt noch rüstige wirkende Mann, den der Kanusport in Spremberg geprägt hat und umgekehrt ? engagiertes Ehrenamt über viele Jahre. Kommunalpolitiker diskutierten beim Wein, der frühere Bürgermeister Wochatz war ein häufig gesehener Gast. Die Weinstuben waren immer auch ein Ort der Kultur ? viele Jahre als ?Liederstübchen? von Hagen Rittel, der als singender ?Nachtwächter Kulke? mit seinen Gästen für volle Räume und gute Stimmung sorgte. Was die Wein- und Getränke-Kultur betrifft, wollte Jürgen Gässner Bildung unter seine Gäste bringen. Einen ungewöhnlichen Botschafter hatte er seit vielen Jahren: Der ?Lauermann?, ein hochprozentiger Kräuterschnaps, vom Großvater ?erschmeckt? und mit geheimem Rezept gesichert, er hat es schon bis nach Australien geschafft, mit dem Etikett in den Spremberger Stadtfarben ?

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